Dienstag, 27. November 2012

Die Dengue-Zeit

Wenn man mal einen Blick auf meinen Blog geworfen hat, wird einem auffallen, dass meine Blogeinträge von Monat zu Monat abnehmen. Waren es im September noch 9 Einträge, so reduzierte sich diese Zahl im Oktober auf 5, um dann im November noch weiter auf bisher einen Eintrag abzufallen.
Nun mache ich mir deswegen natürlich keine Vorwürfe, sondern sehe es als eine relativ normale Entwicklung an.
Einerseits ist der Eifer am Anfang eines Aufenthalts immer besonders groß, weil ja alles neu und spannend für einen selbst ist. Und andererseits hat sich meine Wohnsituation auch Ende Oktober mit dem Auszug aus der Aldea erheblich verändert. Wenn ich jetzt Abends um 7 von der Arbeit nachhause komme, dann bin ich immer sehr kaputt und kann mich meistens nicht mehr dazu motivieren, einen neuen Eintrag anzufangen. Die Tatsache dass ich in letzter Zeit krank gewesen bin und dadurch mehr Zeit zu Hause verbracht habe, hat daran auch recht wenig geändert.


Gerade auf diesen Krankheitsverlauf möchte ich meinem neuen Posts eingehen...

Letzte Woche Montag hatte ich schon auf dem Weg zur Aldea gemerkt, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Als ich mit meinem Fahrrad den Berg hochfuhr, wurde mir auf einmal so schlapp, dass ich mich am liebsten danach auf den Bürgersteig gelegt hätte. Zumindest am Vormittag konnte ich dann auch noch meinen Stundenplan durchziehen. Ich half beim Schleifen und Bemahlen der neuen Aluminiumdächer und spielte mit den kleinen in der Früherziehung (also Kinder zwischen 2 und 5 Jahren). Doch dieses Spielen mit den Kindern schaffte mich enorm und ich sehnte mich mehr und mehr nach einem Bett.
Anfangs dachte ich, dieses matschige Befinden hinge nur mit den Medikamenten zusammen, die ich gegen meinen Tropenparasiten nehmen musste. Andere Freiwillige hatten von ähnlichen Problemen berichtet und daher hatte ich mich am Nachmittag erstmal ins Bett meines ehemaligen Zimmers gelegt, in der Hoffnung, mich dort ausruhen zu können. Doch als ich mich nach 2 Stunden wieder aufrichten wollte, brummte mein Kopf und mir wurde schwindelig. Eine Mitarbeiterin der "Aldea Infantil" hat dann bei mir Fieber gemessen und es kam raus, dass meine Temperatur mit 38.4 etwas erhöht war. Daher traf ich den Entschluss, zur Standardärztin zu gehen, die wir Freiwilligen immer aufsuchen, wenn wir gesundheitliche Probleme haben. Mittlerweile kennen mich die Angestellten dort auch schon sehr gut. =)

Im Wartezimmer fühlte ich mich dann so schlecht, dass selbst Sitzen für mich zur Qual wurde. Obwohl ich allerhand Skrupel hatte, mich im Wartezimmer einfach so hinzulegen, tat ich es, weil ich nicht mehr anders konnte. Die Ärztin war relativ ratlos, da meine Symptome wohl nicht besonders aussagekräftig waren. Totale Erschöpfung, Kopfschmerzen, Lust zu Erbrechen und Magenschmerzen. Am nächsten Tag sollte dann noch Durchfall dazukommen. Alles in allem: Es war eine Scheißsituation!

Als am Folgetag das Fieber auf 39 stieg, beschloss meine Gastfamilie, mich in eine Klinik zu einem ausgewiesenen Infektologen/Tropenmediziner zu schicken. Dieser ließ sofort ein Blutbild machen und das Ergebnis war aussagekräftig. Ich hatte Dengue-Fieber!
Für alle, die mit diesem Begriff nichts anfangen können, empfehle ich, sich einfach den Wikipediaartikel durchzulesen. Der sagt schon ziemlich viel über diese unangenehme Krankheit aus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Denguefieber

Auf jeden Fall musste ich daraufhin erstmal anderthalb Tage in einem peruanischen Krankenhaus verbringen, weil mein Körper total ausgetrocknet war. Ich wurde dann übern Tropf mit einer Kochsalzlösung versorgt. Trotzdem hielten meine Magenkrämpfe und Schwächezustände immer noch an. Das Bett war auch äußerst unbequem, ich hatte kein Kopfkissen und zusätzlich waren die Toiletten in einem desolaten hygienischen Zustand, was aus meiner Sicht gerade in einem Krankenhaus nicht sein dürfte. Aber man kann nunmal nicht die staatlichen Krankenhäuser Perus mit den Standards in deutschen Krankenhäusern vergleichen.
Also ich hoffe, dass den anderen Freiwilligen diese Erfahrung im peruanischen Krankenhaus erspart bleibt. Man nimmt nicht viel gutes daraus mit.
Zumindest konnte ich am zweiten Tag schon wieder nachhause gelassen werden, wo ich die Krankheit dann mit 5 Ruhetagen auskurieren sollte. Stück für Stück merkte ich, dass es mir langsam besser ging, auch wenn mir sportliche Betätigung weiterhin einiges abverlangte. Aber es ist nunmal ziemlich normal, dass man nach einer Krankheit nicht sofort einen Marathon laufen kann.

Mittlerweile bin ich gut eine Woche wieder am Arbeiten und ich würde meinen Zustand immer noch nicht als gesund bezeichnen. Trotzdem bin ich aktuell so glücklich, wie schon lange nicht mehr. In meiner Gastfamilie fühle ich mich wohl, meine Arbeitssituation ist zufriedenstellend und ich werde ja doch Tag für Tag gesünder.
Also insgesamt besteht kein Grund zur Sorge, auch wenn ich die Krankheit als sehr heftig und leidvoll beschrieben habe. Das war sie auch, aber mittlerweile geht es mir aber wie gesagt schon etwas besser.

in diesem Sinne...

noch keine Frohen Weihnachten :D

Freitag, 9. November 2012

La Vida Tarapotina

Und hier kommt der nächste Blogeintrag aus dem immer heißer werdenden Tarapoto :D

Auch wenn ich eigentlich nicht vorhabe, viel Erfahrungsberichte in diesen Eintrag zu packen, sollten ein paar Sachen zu Beginn gesagt werden. Die Aldea rüstet jetzt auf Weihnachtsdekoration um. Das heißt, dass künstliche Tannenbäume aufgestellt und geschmückt werden und andere künstliche Bäume mit Girlanden versehen werden, die an Schnee erinnern sollen. Ich persönlich merke dieses Jahr ziemlich wenig von der im November üblich aufkommenden Weihnachtsstimmung. Das liegt natürlich daran, dass es hier ununterbrochen heiß und grün wie eh und jeh ist. Als Europäer verbindet man mit Weihnachten einfach Kälte, dicke Wintermäntel und eigentlich auch Schnee (auch wenn letzteres nicht immer vorhanden ist), doch all das gibt es hier in den Tropen nunmal nicht. Für mich ist es auch kaum vorstellbar, dass Menschen in ihrem ganzen Leben noch kein einziges Mal Schnee gesehen habe. Da in Peru Schnee aber nur auf den Gipfeln der Anden zu finden ist, kriegen die "Selváticos" (Die Bewohner der Selva), die meistens im Tiefland zu Haus sind, in ihrem Leben nichts davon mit. Meine Gastmutter hat mir heute erzählt, dass sie Schnee eigentlich nur aus der Gefriertruhe kennt. Das fand ich irgendwie lustig.
Da hier auch keine Tannen wachsen, werden wenn überhaupt künstliche Tannenbäume in die Wohnungen gestellt und dann wie bei uns auch üblich, mit Christbaumkugeln geschmückt und mit elektrischen Lichterketten versehen, wenn diese nicht schon mit dem Baum zusammen verkauft wurden.

Aber eigentlich hab ich jetzt schon einen ganz guten Übergang zum eigentlichen Thema meines Blogeintrags gefunden...




Ich hatte mir schon länger vorgenommen, einen Artikel über die kleinen und großen Dinge im Alltag zu schreiben, die hier in Peru ganz anders sind als in Deutschland. Nun bedarf es erst einmal einer ausführlichen Vorbereitung und langen Nachdenkens, bis man ein solches Thema gut erfassen kann. Außerdem will ich hier natürlich auch nichts unnötig verallgemeinern, denn ich weiß, dass das sehr schnell passiert ohne dass man es selbst bemerkt. Ich kann z.B. auch nur über die Unterschiede zwischen Berlin und Tarapoto schreiben und nicht über die generellen Kulturunterschiede Peru - Deutschland, da es mir unmöglich erscheint,  nur anhand der Erfahrungen jetzt in Tarapoto und vor 2 Jahren in Arequipa die ganze peruanische Kultur zu kennen. Es wäre anmaßend, das zu behaupten.
Peru ist extrem vielseitig und von Region zu Region haben die Menschen andere Vorlieben und Gewohnheiten, was auch immer mit den klimatischen Begebenheiten zu tun hat.
 
 In Arequipa (also im Andenhochland) werden z.B. sehr viel mehr Kartoffeln und Süßkartoffeln gegessen, als in Tarapoto. Dafür konsumiert man hier Unmengen an Kochbananen, die ich in Arequipa nirgendwo gesehen habe. Das liegt natürlich daran, dass die hier wie Unkraut an jeder Straßenecke wachsen und im eher kühlen Hochland natürlich nicht. Man kann also nicht behaupten, der allgemeine Peruaner esse gerne Kochbananen, da das ja lediglich auf den "Selvático" zutrifft.
So viel also vorneweg...

Das erste, was mir aufgefallen ist, als ich aus dem Flughafen gekommen bin, war natürlich das heiß-feuchte tropische Klima, das auf einen zuströmt und einem ziemlich zu schaffen machen kann, wenn man es nicht gewöhnt ist. Als mich mein Vater dann im Oktober besuchte, merkte ich aber doch, dass sich meine Lunge so langsam an die Tropen angepasst hatte und ich deutlich mehr ertragen konnte als er. Nagut, vielleicht spielte die Tatsache, dass er, einen Jetlag von 7 Stunden Differenz hatte auch noch mit rein. ;)
Der erste signifikante Unterschied zu Berlin wurde mir dann jedoch klar, als wir das Fortbewegungsmittel sahen, das uns zu unserem Arbeitsplatz fahren sollte. Ein Motoradtaxi. Dabei handelt es sich um eine Art Anhänger auf zwei Rädern, in dem bis zu 3 Personen sitzen können und der von einem Motorrad gezogen wird.


Das ist hier das Fotbewegungsmittel Nr.1. Das heißt, wenn man kein eigenes Auto oder Motorrad hat, muss man entweder laufen oder sich ein Moto-taxi nehmen. Busse gibt es nur um in andere Städte zu gelangen, aber innerhalb der Stadt fahren keine Buslinien. Öffentliche Verkehrsmittel sind hier also nicht wirklich vorhanden.
Außerdem ist der Straßenverkehr sehr stark von Motorrädern geprägt. Autos sind hier wohl für die meistens Familien zu teuer oder bei der Hitze zu unpraktisch, also hat hier fast jeder sein eigenes Motorrad. Dieser starke individuelle Verkehr drückt sich auch in stark befahrenen Straßen im Stadtzentrum aus, wo es auch permanent laut und stinkig ist.




Fahrräder sind im Straßenverkehr übrigens Außenseiter. Kinder fahren mit ihren Rädern in den Nebenstraßen herum oder man betreibt das Fahrradfahren richtig als Sport, aber als Fortbewegungsmittel wird es hier nur von sehr wenigen Menschen genutzt. Ich gehöre mitterweile zu dieser kleinen Gruppe, auch wenn mir die permanenten Steigungen einiges abverlangen und ich manchmal nassgeschwitzt auf der Arbeit ankomme. Trotzdem find ich es super angenehm mit dem Fahrrad durch die Straßen zu brettern, weil man einfach so individuell in der Mobilität ist und nicht jedes Mal Geld fürs Moto-taxi zahlen muss. Der Verker ist auch nicht immer so gefähltich, wenn man weiß, welche Straßen man am besten fährt und im Zentrum ist sowieso an jeder Ecke eine Ampel, sodass die Motorräder gar nicht so schnell fahren können.


Lassen wir den Verkehr mal beiseite und widmen wir uns der Wohnsituation der "Tarapotinos", also der Bewohner Tarapotos. Dazu lässt sich erstmal sagen, dass ich nichts von dem, was ich gesehen habe besonders schlimm oder mitleiderregend finde.
Die Menschen leben hier grundsätzlich einfacher als in Deutschland, was sich an vielen Kleinigkeiten bemerkbar macht. Das Leitungswasser ist hier weder trinkbar, noch warm (was bei diesen heißen Temperaturen auch unsinnig wäre). Für die, die gerne warm duschen, wären die Tropen also nicht gerade anzuraten. Außerdem hat man als Deutscher gewöhnlicherweise auch die Erwartung, dass Wasser rund um die Uhr verfügbar sein muss. Das ist hier auch nicht der Fall. Von morgens bis 12 Uhr mittags gibt es Wasser. Dann wird das Wasser in der Zeit zwischen 12 und 4 Uhr abgestellt und kommt dann ab 4 wieder, um dann am Abend gegen 9 Uhr wieder abgedreht zu werden. Diese Zeiten können von Haus zu Haus natürlich variieren und gelten auch nicht für alle Haushalte. Die Mehrheit der Bevölkerung hat allerdings nicht den ganzen Tag fließend Wasser, was dazu führt, dass man in einem Eimer immer eine kleine Reserve für die Stunden ohne Wasser zurückstellt.


Des weiteren kann man sagen, dass die Haushalte hier einfacher ausgestattet sind. Zwar hat so gut wie jeder einen einigermaßen pasablen Fernseher und die meisten auch einen PC im Haus. Trotzdem fehlen bei den meisten Leuten Komfortmöbel wie z.B. Sofas oder Sessel, was natürlich auch daran liegt, dass man auf dem Stoff unheimlich schwitzen würde. Meine Gastfamilie hat z.B. lediglich einen Schaukelstuhl aus Stahl, versehen mit einer Kunststoffflechte.


Die Häuser liegen hier außerdem meistens sehr nah beinander und sind nicht sonderlich schalldicht, sodass man häufig laut hören kann, was der Nachbar für Musik hört oder welche Serie er sich gerade im Fernsehen anguckt. Glasfenster sind auch keine Selbstverständlichkeit und manchnmal hat man dann eben nur ein Moskitonetz als Fenster, was zwar vor Mücken aber nicht vor Lärm von der Straße schützt.

 
Laut meiner Gastfamilie lebe ich in einer der ruhigsten Ecken Tarapotos und es auch ist richtig, dass meine Straße (Jirón Miraflores, La Banda de Shilcayo), obwohl sie asfaltiert ist, relativ wenig befahren wird. Deswegen findet man hier abends auch sehr viele Fußball spielende Kinder auf der Straße, die bis spät in die Nacht draußen bleiben.


Um noch einmal auf den Punkt zurückzukommen, dass ich die Wohnsituation hier nicht so elendig finde. Dazu lässt sich sagen, dass natürlich viele Häuser hier nicht so gut verputzt sind, wie in Deutschland, die Türen einfacher zu knacken sind und darüber hinaus viele Häuser nur aus einem Stockwerk bestehen. Aber was ist daran so schlimm? Letzteres liegt auch daran, dass Peru Erdbebengebiet ist. Häuser werden extra nicht so hoch gebaut, weil sie schließlich bei einem starken Erdbeben einstürzen könnten.
Ich persönlich finde, dass es in Tarapoto nicht sonderlich große Unterschiede zwischen arm und reich gibt. Die Häuser der wohlhabenderen Schicht sind hier jetzt nicht wirklich edeler als ein Einfamilienhaus in Berlin-Blankenburg und die einfacheren Behausungen sind eben nicht so toll isoliert oder geschützt, aber mit Elend hat das auch nichts zu tun. Ich hab hier auch nur wenige Menschen getroffen, die sich über ihre Armut beschwert haben, aber gleichzeitig komme ich auch nicht mit Leuten in Kontakt, die über besonders viel Geld verfügen. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich einfach nur keinen Zugang zu Menschen dieser "Klassenzugehörigkeit" habe, aber ich glaube ehrlich gesagt schon, dass die sozialen Unterschiede hier in Tarapoto (noch) nicht so groß sind wie z.B. in Arequipa oder anderen größeren Städten Perus. Aber vielleicht kommt das noch in Zukunft...

Zum Abschluss noch was anderes... 

Damit ihr euch vorstellen könnt wie heiß es hier ist, wollt ich schon längst mal ein paar Gradzahlen in meinen Blog schreiben. Da ich hier aber noch kein Thermometer gesehen habe, konnte ich da allerdings noch keine Angaben machen. Gestern hatte ein jedoch ein Freund meines Gastvaters sein IPad mit (ja, sowas gibt es hier auch ^^) und dort wurde natürlich auch die aktuelle Temperatur angezeigt. Um halb 8 abends, also anderthalb Stunden nachdem die Sonne untergegangen war,  waren es immer noch 31°C!
Tagsüber mussten es über 35 °C im Schatten gewesen sein und es war beileibe nicht der heißeste Tag hier in Tarapoto!

In diesem Sinne... Frohe Weihnachten!

Euer Rubén