Dienstag, 18. Dezember 2012

Das erste Unglück

Es fehlen nun wirklich nur noch ein paar Tage bis das Christkind vor der Tür steht und wenn ich euch jetzt frohe Weihnachten wünschen würde, wäre es gar nicht mehr so abwägig wie noch im November. Mittlerweile merke ich zwar, dass das peruanische Weihnachten vor der Tür steht, aber aufgrund eines Ereignisses am vergangenen Samstag/Sonntag bin ich alles andere als in Weihnachtsstimmung...

Es war Samstagabend. Wir, die Tarapotofreiwilligen haben den 19. Geburtstag von meiner Mitfreiwilligen Annika gefeiert, waren in einer megaleckeren Eisdiele und in einer Karaokebar, die den Namen "Calle 2" trägt. Soweit klingt der Abend eigentlich ganz gelungen und das war er auch bis zu dem Zeitpunkt, als wir um halb 3 aus der Karaokebar herauskamen und ich mich dazu entschied, die günstige Situation zu nutzen und nachhause zu gehen. Die Bar befand sich nämlich ganz in der Nähe von meinem Zuhause.
Also machte ich mich zu Fuß auf den Nachhauseweg, lief sorglos die Straße entlang ohne auch nur einen Gedanken an eine mögliche Gefahr zu verschwenden und wurde dann an der nächsten Straßenecke böse überrascht.
Man muss dazu sagen, dass ich in Tarapoto noch nichts besorgniserregendes gesehen habe und bis auf einen Taschendiebstahl, hatten wir Freiwillige hier auch noch keine Erfahrung mit Kriminalität gemacht. Daher bin ich etwas naiv nachts um halb drei durch das Drogenviertel Tarapotos gelaufen und dann passierte es...

Ich lief auf der menschverlassenen Straße bis diese eine Kurve machte. An dieser Stelle befand sich auch eine Treppe, die eine weiter oben gelegene Straße mit der Kurve verband. Diese Treppe sah ich einen jungen Mann oder vielleicht sogar einen Jugendlichen herunterlaufen, als ich an der Kurve angelangt war. Seine Schritte näherten sich meinen und ich hatte schon früh das Gefühl, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Er schien hinter mir her zu sein.
Die Bestätigung bekam ich dann, als er kurze Zeit später eine Pistole zückte und sie drohend auf mich richtete. Paralysiert blieb ich auf der Stelle stehen und war völlig sprachlos. "Gib mir alles!", meinte er nur und hastig warf ich mein Portmonnaie und mein Handy vor ihm auf den Boden. Er befahl mir mich umzudrehen und wegzurennen und dabei rief er mir noch ein paar Beleidungen hinterher ("Concha tu madre!"). Ich war nun komplett blank und natürlich noch längst nicht zu Hause angekommen, die dunkelste Stelle lag sogar noch vor mir, also war der Horror natürlich noch nicht vorbei. Ich wollte nun so schnell wie möglich ankommen und rannte einfach so schnell ich konnte über die menschenleere, unbeleuchtete Brücke und danach dann den Berg hoch bis zu meiner Straße. Dort saßen noch ein paar Menschen auf der Straße und aßen Pommes, sodass ich mich so langsam wieder sicherer fühlte. Mit diesen älteren Herrschaften konnte ich mich auch noch ganz gut über die Geschehnisse austauschen, was mich wieder ein bisschen besser stimmte. Zum Glück war ich nach dem ganzen Tag so totmüde, dass ich keine Chance hatte, mich stundenlang mit dem Überfall zu beschäftigen.

Ich war auf der Straße und der Typ ist die Treppe links im Bild heruntergekommen

An dieser Stelle ist es dann passiert.


Mittlerweile habe ich schon eine neue Kreditkarte von meiner peruanischen Bank bekommen und die Karte meiner deutschen Bank bestellt. Das Problem ist, dass auf meinem anderen Konto eben auch ne Menge Geld ist, auf dass ich dann keinen Zugriff haben werde. Mein gestohlenes Handy muss die nächsten Tage dann auch noch ersetzt werden, damit ich erstens wieder erreichbar bin und zweitens auch wieder einen ordentlichen Wecker habe. Aktuell bin ich vollständig abhängig von meinen Gasteltern, die mich jetzt erstmal wecken. Das klappt zwar gut, aber es ist eben kein Zustand für längere Zeit.

Auch hier gilt es am Ende zu schreiben, dass ich den Überfall vielleicht etwas schlimmer dargestellt habe, als er eigentlich war. Ich sollte es positiv sehen, dass mir nichts passieert ist und mich dieser Junge noch nicht einmal angefasst hat. Wahrscheinlich war die Pistole auch nicht echt, sondern nur ein Spielzeug oder irgendeine Imitation. Daher sollte sich auch nicht mein Bild von Tarapoto total verändern. Es ist hier immer noch nicht sonderlich gefährlich, aber es gibt eben einige Ecken, die man besonders mitten in der Nacht und vor allem in der Vorweihnachtszeit meiden sollte. In dieser Zeit steigt die Kriminalität nämlich immer an.

Also weiterhin: Macht euch keine Sorgen! Es geht mir hier wirklich gut, auch wenn mein Schreibstil vielleicht manchmal etwas in die andere Richtung abgleitet.

Daher grüßt Euch,

Euer Rubén

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