Montag, 15. Juli 2013

Es hat sich etwas geändert...


24. Juni 2013 

Hektik, Stress und Unsicherheit angesichts des Gewichts meines Koffers. Ich hoffe, nicht noch mehr Sachen zu finden, die in den Koffer müssen und das noch immer unbekannte Gewicht in die Höhe treiben.
Dann gehe ich zur Notaufnahme der Klinik gegenüber, weil die dort eine Waage haben. Ein bisschen dreist bitte ich darum, meinen Koffer wiegen zu dürfen, doch die Schwester hat aufgrund des geringen Auflaufs kein Problem damit...

23,7 Kilo und es fehlt immer noch ein Teil meiner Wäsche, die noch zum Trocknen an der Leine hängt! Gequält suche ich mein Flugticket, auf dem steht wie viel Kilo Gepäck erlaubt sind.
25 Kilo! Ich atme auf.
Wiegt die restliche Wäsche vielleicht nur 1,3 Kilo? Ich glaube kaum.
Ich überlege, was ich noch alles in mein Handgepäck verfrachten kann, doch der Rucksack mit Trompete und Laptop platzt aus allen Nähten. Naja, ein oder zwei kurze Hosen kriege ich dann doch noch in die Zwischenräume gestopft, jetzt nur noch den Reißverschluss zubekommen und alles ist erst einmal verstaut. Doch wenn das so einfach wäre, bei den Massen an Gepäck...

Als ich dann endlich im Flugzeug saß und mein Koffer trotz 27 Kilo Gewicht angenommen wurde, konnte ich endlich einmal entspannen. Zu lange hatte ich das Packen des Koffers herausgezögert und dadurch fiel die ganze Arbeit an den Schluss. Aber wer macht das nicht gerne. Lieber hatte ich mich einmal von allen verabschiedet. Von der Aldea (dem Kinderdorf), auch wenn das ganz schön seltsam für mich war, von meinen Studenten von der Universität, von Percy und meinen Musikern und natürlich auch von Annikas Gastfamilie, der ich sehr dankbar dafür bin, dass ich ihr Fahrrad 10 Monate lang benutzen durfte. Trotz all dieser Verabschiedungen, an die ich mich im Nachhinein mit sentimentaler Romantik zurückerinnere, war meine Entscheidung sofort gefällt, als ich die Möglichkeit bekam, zu wechseln... 


"Was ist eigentlich passiert?"Werden sich nun einige fragen.
Wenn sie zu denjenigen gehören, die noch nichts davon wissen, dann werden sie sich vielleicht denken: "Was für einen Mist labert der da eigentlich? Sein Rückflug ist doch erst im September!"
Das stimmt auch. Mein Flug geht erst am 1.9. und bis dahin fehlen noch gut zwei Monate. Allerdings bekam ich die Möglichkeit, für die letzten zwei Monate meinen Arbeitsplatz und Wohnsitz von Tarapoto in eine andere Stadt zu verlegen und da so ein Angebot nicht zweimal kommt, hab ich es mir nicht entgehen lassen. Deshalb müssen einige mit großem Erstaunen feststellen: Rubén verlässt Tarapoto.


Alles fing damit an, dass ich nicht mehr auf dem Bio-Bauernhof  "Wayra Sacha" (quechua für "Wald des Windes") arbeiten sollte, weil es zu viele Freiwillige gab. Am Tag zuvor wurde ich bei der Feldarbeit von drei echten Killerwespen (Huayranga) gestochen. Meine linke Hand war infolgedessen ziemlich angeschwollen, juckte fürchterlich und vor allem in den ersten zwanzig Minuten war der Schmerz durch den Wespenstich kaum zu ertragen. Am nächsten Tag, noch immer angeschlagen von dem Stich, wurde mir dann mitgeteilt, dass ich ab nächster Woche nicht mehr zum Arbeiten aufs Land fahren solle.
Irgendwie kam dies mit einer Feuerung gleich, da ich noch andere Gründe neben der fehlenden Kapazität vermutete. Ich war also alles andere als zufrieden damit, hatte ich doch immer Spaß an der Arbeit auf dem Bauernhof gehabt und sehr viele interessante, neue Leute kennen gelernt.

Es galt nun etwas Neues zu suchen, doch ganz so einfach war das leider nicht. Meine Chefin hat mich dann angerufen und mir ein Angebot unterbreitet, dass ich nicht ablehnen konnte.

In Pucallpa, einer anderen Urwaldstadt weiter südlich hat die GIZ drei weitere Freiwillige. Einer von ihnen hatte die Idee, ich könne ihn doch bei seinem Projekt in einer Permakultur unterstützen. Zunächst gefiel mir die Idee nach Pucallpa zu ziehen nicht so gut, hatte ich doch schon einiges Negatives über diese Stadt auf den beiden Zwischenseminaren gehört. Jedoch war ich von meinem Projekt in Tarapoto nicht ganz zufrieden und hatte auch keine Vorstellung, wie es dort arbeitsmäßig weitergehen sollte.
Also dachte ich, die Erfahrung in einer anderen Stadt zu leben und diese kennen zulernen bekommt man nicht alle Tage. Der Entschluss war also gefasst und die Flugtickets gekauft...



Die "Plaza de Armas" Pucallpas mit Kathedrale (rechts hinten) und Rathaus (links hinten)

Pucallpa, mein neues Zuhause, ist äußerlich stark von Geiern und Straßenhunden geprägt5. Vor allem in Nebenstraßen findet man davon eine Menge.
Im Gegensatz zu Tarapoto ist Pucallpa allerdings eine echte Großstadt, die man nicht mal ebenso durchqueren kann. Trotzdem fehlt es hier noch gewaltig an Infrastruktur. Außerhalb des Stadtzentrums sind nur noch die Hauptstraßen asphaltiert und wenn man in ein außerhalb gelegenes Dorf fahren möchte, kann man sich dies bei Regen abschminken, weil die Straße dann eine einzige Matsch-brühe ist.
Das klingt jetzt alles sehr negativ und es ist wirklich schwer etwas Positives über diese Stadt zu schreiben, doch es gibt auch die schönen Ecken dieser Stadt. Sei es eine nette Bar, Eisdiele oder ein Restaurant mit gutem Essen.
Dann gilt es zu sagen, dass Pucallpa mitten in der Entwicklung steckt. Eine Fußgängerzone ist gerade am Entstehen und in die kommenden Monaten werden hier Supermärkte und Kinos aufmachen, die das Stadtbild natürlich verändern werden. Es wäre spannend dies zu beobachten, aber ich glaube bis dahin bin ich auch schon wieder weg.
Der Hafen ist für mich auch ein schöner Ort, von wo aus man auf den wahnsinnig breiten Ucayali (einer von den beiden großen Flüssen, die später den Amazonas bilden) blicken kann.
Ein letzter Punkt, der für den Aufenthalt hier spricht, ist das schöne große Haus, in dem ich mit meinen drei Mitfreiwilligen wohne. Allerdings werden sie sich diesen Freitag auf den Nachhauseweg machen. Das Jahr ist für sie dann schon vorbei und mir bleibt noch gut ein Monat hier....

Pucallpa - Eine Urwaldstadt ohne Urwald

Es grüßt euch!
Rubén

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